BESIGHEIM
Im Süden daheim: Heimat verbindet Geschichte und Zukunft
Was ein Wengerter ist, wissen Grundschüler heute nicht mehr unbedingt. Selbst wenn sie aus Besigheim kommen, dem schönsten Weinort Deutschlands. Lehrer Ali Michels misst der Heimatkunde deshalb große Bedeutung bei.
Heimatkunde ist für Ali Michels so spannend wie alltäglich. "Die Menschen, mit denen ich es zu tun habe, die sind doch hier, also ist es auch sinnvoll, hier anzufangen", sagt der Lehrer an der Friedrich-Schelling Schule in Besigheim, wo er seit 1981 unterrichtet. Seit 2004 gibt es das Fach Heimat- und Sachunterricht nicht mehr. Ersetzt wurde es durch das Fach "Mensch, Natur und Kultur". Michels sieht trotzdem keine Gefahr, dass die Heimatkunde an seiner Schule zu kurz kommt. "Wir haben im Grundschulbereich viele Lehrer, die sehr viel Wert auf das Heimatbezogene legen. Martin Salat zum Beispiel ist Stadtführer in Besigheim und ich bin bei der Dämmerlichtführung dabei. Somit haben wir auch den Bezug zur Stadtgeschichte".
Auch unter dem neuen Begriff lebt die Heimatkunde weiter. In MNK heißt eine Unterrichtseinheit "Besigheim, die Stadt in der wir leben". Sie wird meist in Klasse drei unterrichtet. "Ich führe das Thema dann in Klasse vier gerne weiter", erzählt Michels: "Von Besigheim zum Landkreis Ludwigsburg, von da zu Baden-Württemberg und Deutschland, bis schließlich zu Europa - und dann ist das Schuljahr rum."
Heimatkunde wird in Michels Unterricht oft ganz konkret. Ein Beispiel ist das Thema Erster Weltkrieg: Um den Kindern zu zeigen, wie viele Menschen aus Besigheim im Krieg ums Leben kamen, ging er mit ihnen auf den Alten Friedhof. "Eigentlich wollten wir nur kurz den Friedhof angucken, dann sind aber von den Kindern ganz schöne Fragen gekommen, beispielsweise, was ,vermisst bedeute oder warum manchmal Namen dabeistehen, obwohl der Krieg zu dem Zeitpunkt schon vorbei war." Michels ist der Überzeugung, dass die Heimatkunde viele Möglichkeiten biete, um anzuknüpfen: "Zurück in die Geschichte, aber auch zur Zukunft oder in den Dialekt hinein - also ich mache das immer gerne", so Michels.
Manchmal ist der Lehrer allerdings erstaunt, was die Kinder alles nicht wissen. Dabei falle ihm besonders der Dialekt auf: "Ich habe hier in der Zwischenzeit keine Kinder mehr, die richtig gutes Schwäbisch sprechen. Mein letzter Schüler, der ein Gedicht in breitem Schwäbisch vortragen konnte, hat, glaube ich, vor zwei Jahren Abitur gemacht". In einer anderen Unterrichtsstunde ging es um das Lied "Bunt sind schon die Wälder" und um die Winzerinnen, die darin vorkommen. "Dann habe ich die Kinder gefragt, was denn Winzer seien. Das wussten sie nicht. Dann habe ich gedacht, dass muss man hier in Besigheim auch nicht wissen und habe gefragt was ein Wengerter sei, aber das wussten sie auch nicht. Da denke ich dann manchmal, dass es schon schade ist, wenn wir im schönsten Weinort Deutschlands leben und die Kinder weder Winzer noch Wengerter oder Wengert begrifflich durchdringen können", sagt er. "Das ist das Stück Heimat, was uns verloren geht."
Trotzdem sei die Globalisierung in der Grundschule noch nicht angekommen. "Die Kinder kennen das Globale in der Regel nicht, aber von da, wo sie leben, kriegen sie schon vieles mit". Auch wenn die Heimatkunde als Schulfach verdrängt wurde - im Unterricht hat sie also weiterhin ihre Bedeutung.
Info In der nächsten Folge unserer Serie "Im Süden daheim" am Mittwoch, 8. Oktober, steht im Lokalteil der BZ ein Geschichtsverein im Mittelpunkt: Was ist eigentlich Heimatgeschichte? Und in welcher Hinsicht lohnt sie sich?
Schleichweg: Stadt greift durch
Der Feldweg am Großsachsenheimer Kinderhaus Pfiffikus wird von Autofahrern gern als Schleichweg und Parkplatz genutzt. Sperrungen werden einfach beiseitegeschoben. Jetzt greift die Stadt durch.
Seit Monaten ist die Oberriexinger Straße in Großsachsenheim gesperrt - und sie wird es auch noch bis voraussichtlich Ende Oktober bleiben. Ortskundige Autofahrer suchen sich Schleichwege. Vor allem der Verkehr auf dem Feldweg am Kinderhaus Pfiffikus - das ist die Verlängerung der Kirchhofstraße - hat in der jüngsten Zeit ein Eigenleben entwickelt. Sehr zum Ärger der Stadtverwaltung. "Das ist gefährlich. Das ist der Fußweg für Schul- und Kindergartenkinder", mahnt Sprecherin Nicole Raichle. Doch auch erwachsene Spaziergänger und Fahrradfahrer seien gefährdet. Silke Deuschel, stellvertretende Leiterin des Teams Bürgerservice, öffentliche Sicherheit und Ordnung, sagt: "Dass Autofahrer den Weg nutzen, ist nicht komplett neu, aber die Situation hat sich durch die Umleitung verschärft." Passiert sei bislang nichts, vor allem Eltern und Erzieherinnen seien jedoch alarmiert und in Gesprächen mit der Stadtverwaltung.
Vor einiger Zeit wurde daher auf Höhe des Kinderhauses Pfiffikus eine Absperrung installiert. Zwei versetzte Halbschranken in Warnfarben sollen Autofahrern anzeigen: Hier gehts nicht weiter. Jedoch scheint das nur wenige zu interessieren. "Leider wird täglich festgestellt, dass die Absperrungen unbefugt geöffnet werden und geöffnet bleiben oder mutwillig komplett mit den Standfüßen umgeworfen werden", hat man bei der Stadtverwaltung beobachtet. Dabei sei auch schon die Beleuchtung der Schranken beschädigt worden, fügt Silke Deuschel an.
Ein weiteres Problem: Allzu oft werde auf dem Feldweg geparkt - von Hallenbad-Besuchern, von Spaziergängern, "auch von Eltern, die ihre Kinder zum Kindergarten bringen", weiß Silke Deuschel.
Nun will man im Rathaus gegen die Rüpelfahrer und Falschparker vorgehen. "Dieses rücksichtslose Verhalten erfüllt den Tatbestand der Amtsanmaßung, der Unkenntlichmachung von Gefahrenzeichen und gegebenenfalls der Sachbeschädigung und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und wird gegebenenfalls zur Anzeige gebracht", hat die Stadtverwaltung nun auf ihrer Homepage bekannt gegeben. Laut Silke Deuschel hat die Kontrolle der fraglichen Strecke derzeit oberste Priorität beim Gemeindevollzugsdienst, vor allem zu Zeiten, wenn Kindergartenkinder ankommen oder heimgehen. Verwarnungen habe man bereits ausgesprochen. Zudem arbeite man im Sachsenheimer Rathaus derzeit an einem Konzept, wie man die Verkehrssicherheit und die Parksituation am Kinderhaus langfristig verbessern kann.
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